"Gott" von Ferdinand von Schirach #Rezension
- bookexplorer
- 16. Okt. 2020
- 3 Min. Lesezeit
Richard Gärtner, 78, ein körperlich und geistig gesunder Mann, will seit dem Tod seiner Frau nicht mehr weiterleben. Er verlangt nach einem Medikament, das ihn tötet. Mediziner, Juristen, Pfarrer, Ethiker, Politiker und Teile der Gesellschaft zweifeln, ob Ärzte ihm bei seinem Suizid helfen dürfen. Die Ethikkommission diskutiert den Fall.
Ferdinand von Schirach verhandelt in seinem neuen Theaterstück das Sterben des Menschen. Und wie schon in seinem ersten Drama »Terror« müssen wir am Ende selbst ein Urteil fällen. Wem gehört unser Leben? Wer entscheidet über unseren Tod? Wer sind wir? Und wer wollen wir sein?
Ergänzt wird der Band um Essays von drei namhaften Wissenschaftlern, die das Thema der ärztlichen Suizidbegleitung aus medizinethischer, juristischer und theologisch-philosophischer Perspektive beleuchten.

Schnelle Fakten:
Titel: Gott
Autor: Ferdinand von Schirach
Genre: Sachbuch
Verlag: Luchterhand
160 Seiten
ISBN: 978-3-630-87629-0
18,00€
Wem gehört mein Leben?
Eine Frage, die in unserer heutigen Gesellschaft keine einstimmige Antwort finden wird. Die Meinungen dazu gehen heute völlig auseinander und man kann die Frage im Zusammen-hang mit dem Thema Suizid als Tabuthema bezeichnen.
Wenn es um Tabuthemen denke ich sofort an Ferdinand von Schirach und tatsächlich ist er der Autor, der sich in dem Buch "Gott" mit dieser Frage beschäftigt.
Ferdinand von Schirach schreibt oft über sehr polarisierende Themen und was ich besonders an ihm schätze, ist, dass er dem Leser nie eine Meinung aufzwingt und auch immer verschiedene Sichtweisen gibt. In dem aktuellen Buch ist dies genauso. Hierbei sagen (sehr unterschiedliche) Personen vor dem Ethikrat aus und es wird kein abschließendes Urteil gesprochen, was ich sehr gut finde, weil so jeder Leser seine eigene Meinung bilden kann.
Bei der Verhandlung im Ethikrat handelt es sich um ein Theaterstück und so sind die Dialoge auch als Skript abgedruckt. Alle, die dabei die Befürchtung haben, dass sich das Buch so schwer lesen lässt kann ich beruhigen: es lässt sich fast noch einfacher als ein ausformuliertes Buch lesen und das spannende Thema sorgt dafür, dass die Seiten nur so fliegen. Ich habe das Buch an einem Abend durchgelesen.
Der Autor schafft es mal wieder spielend auch schwierige Sachen dem Leser leicht herüberzubringen und man braucht auch keine Angst haben, dass man Begriffe oder sonstiges nicht versteht, weil es sich bei der Handlung um eine Sitzung beim Ethikrat handelt. Alle Wörter, die man eventuell nicht verstehen könnte, werden erklärt und somit muss man kein Fachchinesisch können um einen Rechtssachverständigen verstehen zu können.
Was mir an dem Werk besonders gut gefiel, war, dass sowohl die rechtliche als auch die medizinische und religiöse Seite zu dem Thema selbstbestimmtes Leben (und Sterben) beachtet wurden. So wird der Leser bei diesem Buch garantiert auf Meinungen stoßen, die seinem Weltbild nicht entsprechen, jedoch ist das nicht schlimm, weil es dann auch wieder Meinungen in dem Buch gibt, mit denen er übereinstimmt (so war es zumindest bei mir).
Im Anhang gibt es des Weiteren noch Meinungen von Experten (hierbei werden wieder unterschiedliche Sichtweisen betrachtet), die das ganze Thema nochmal vertiefen.
Besonders interessant finde ich dieses Buch für Diskussionen. Ich habe dadurch Einblicke ihn Meinungen bekommen, denen ich nicht zustimme, kann aber nun besser mit denen Sprechen, die dieser Meinung vertreten. Außerdem konnte ich neue Argumente und auch neue Ansichten sammeln.
Fazit: Ferdinand von Schirach spricht in seinem neuen Buch ein sehr polarisierendes Thema an und vermittelt es leicht an seine Leser. Dadurch, dass es in dem Buch kein richtig oder falsch gibt kann jeder seine eigene Meinung bilden und hinterfragen. Der Autor bietet dazu eine spannende Debatte mit vielen guten und schlüssigen Argumenten und vielfältigen Sichtweisen.
Ich fand das Buch sehr spannend und auch, wenn ich es an einem Abend gelesen habe, werde ich viel länger darüber nachdenken.
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